Sattelgeflüster

Eine persönliche Liebeserklärung ans Fahrradfahren, Fotografieren – und an fantastische Eiscremen.

Servus Kärnten – Pozdravljena Slovenija – Ciao Italia!

In 80 Tagen um die Welt – naja, zumindest so ähnlich. Wir wollen ja klein anfangen, daher geht es mit dem Rad an einem Tag in drei verschiedene Länder. Eine Rennradrunde im Dreiländereck steht bereits lange auf meiner Wunschliste und so plante ich im September 2023 ein kleines Abenteuer. 

Tagwache war bereits um 5:00 Uhr, denn der Zug, der mich von Velden nach Villach bringt, fährt bereits um 5:55 Uhr ab. Die Aufregung ist groß und so rolle ich mit meiner Kamera am Rücken von Villach Richtung Wurzenpass. Ich habe mich vorab informiert und weiß: Es ist wohl landschaftlich nicht der spektakulärste Pass, aber ein Mittel zum Zweck – einmal drüber, und ich bin in Slowenien.

Der Wurzenpass mag landschaftlich nicht allzu spektakulär sein, so richtig steil ist er allemal. Danach geht es hinunter nach Slowenien.

18 PROZENT STEIGUNG. Ich starte motiviert in den Anstieg. Das ändert sich einigermaßen rasch, als ich plötzlich ein Schild mit der Aufschrift „18 Prozent“ sehe. Ich rede mir ein, dass ich wohl noch nicht ganz munter bin und mich verlesen habe. Bis ich bei der nächsten Kehre eintreffe und sich vor mir eine regelrechte Rampe präsentiert…

Etwas eingeschüchtert bleibe ich stehen und nehme mir einen Moment, in dem ich kurz überlege, wieder umzudrehen. Doch ich nehme all meinen Mut zusammen und sage mir im Kopf vor: „Ein Tritt nach dem anderen.“ Einige Male löst sich mein Vorderreifen vom Asphalt, doch irgendwie schaffe ich es dann doch hoch. Einmal am höchsten Punkt angekommen, stärke ich mich mit einem Riegel, bevor es bei einem durchaus rasanten Abstieg in Richtung Slowenien geht. 

Farbenspiel

Ich habe ein Ziel – die Ankunft am Vršič Pass. Ich rolle durch Kranjska Gora und überlege, einen Kaffeestop zu machen. Alles scheint noch etwas verschlafen, und ich entscheide mich, weiterzufahren, ehe ich am Jezero Jasna Halt mache. Es herrscht noch friedliche Ruhe, in den umliegenden Cafés wird gerade aufgesperrt. Der Ort bereitet sich wohl auf die Ankunft der Touristen vor. Ich spaziere gemütlich ein Stück am See entlang, auf dessen Oberfläche sich nicht nur die umliegenden Berge, sondern auch die Bäume, deren Blätter bereits in herbstlichen Farben erstrahlen, spiegeln.

EISIG BLAU UND KALT. Gleich daneben fließt der Pišnica, ein eisblauer, glasklarer Fluss. Ein unfassbar schönes Farbenspiel, das ich mit meiner Kamera einfange. Ehe ich auskühle, trete ich wieder in die Pedale und befinde mich schon bald am Beginn des Anstieges. Der Vršič Pass ist vor allem für seine gepflasterten Kehren berühmt. 

Nach einer kurzen Rast am unglaublich schönen, eisig blauen und glasklaren Fluss Pišnica geht es über den Vršič-Pass wieder steil bergauf.

Nach kurzer Zeit erreiche ich die ersten Serpentinen. Ich bin glücklicherweise beinahe alleine, es sind kaum Autos unterwegs. Ich bleibe einige Male stehen, um den landschaftlich großartigen Anstieg festzuhalten. Ich begegne einer einzigen Gruppe aus fünf Rennradfahrern, die ebenfalls unterwegs zum Gipfel ist. Wir überholen uns einige Male abwechselnd, und einer der Herren ruft mir etwas auf Slowenisch zu. Ich komme nicht dazu, ihm zu antworten, dass ich kein Slowenisch spreche. Ansonsten gibt es nur mich und den Berg, und ich finde langsam meinen Rhythmus und auch meinen Gefallen an den gepflasterten Kehren. Einige Passagen sind ziemlich steil, doch im Großen und Ganzen kann man sein Tempo gut halten. 

Fünf Sprachen – und wir verstehen uns

Je höher ich komme, desto atemberaubender werden die Ausblicke. Ich bleibe noch einige Male stehen und bin erfüllt mit Dankbarkeit, heute hier bergauf fahren zu dürfen. Meine Beine brennen bei den letzten Metern – nach etwa 38 Kilometern habe ich bereits 1418 der insgesamt 1921 Höhenmeter geschafft. Oben angekommen, treffe ich die Gruppe der fünf Männer wieder. Derselbe Herr, der mich auch vorher bereits angesprochen hat, kommt auf mich zu. Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich kein Slowenisch spreche. Macht nichts!

SPRACHENMIX. Es passiert etwas ganz Wunderbares – wir mischen insgesamt fünf Sprachen, um uns verständigen zu können. Wir tauschen ein Lächeln aus und teilen unsere Routen miteinander. Es ist eine wundersame Begegnung, die mir zeigt, dass es immer einen Weg geben wird, sich zu verstehen und miteinander zu kommunizieren, wenn nur der Wille da ist. Während die Herren über einen weiteren Pass Richtung Italien fahren, rolle ich dieselbe Strecke wieder bergab, da ich aufgrund der kürzer werdenden Herbsttage etwas weniger Zeit habe. Doch insgeheim plane ich genau dieses Abenteuer bereits. 

Ab nach Italien

Für die Abfahrt sammle ich meine volle Konzentration. Meine Unterarme brennen vom Bremsen, und die gepflasterten Kurven verlangen bergab einiges an Technik ab. Während es bei der Talfahrt durchaus frisch wird, wärme ich mich von innen mit Vorfreude, da es für mich nun ab nach Italien geht. 

Österreich, Slowenien, Italien – alle drei Länder geschafft. In Tarvis ist es Zeit für Panini und Cappuccino, ehe es wieder zurück in Richtung Villach geht.

WUNDERBARE AUSSICHT. Es geht am perfekt ausgebauten Radweg über die Grenze und ich befinde mich alsbald in Tarvisio. In der Gelateria Artigianale Gianni Macoratti stärke ich mich bei einem herrlichen Panini sowie einem Cappuccino. Da ich noch nicht genug habe, bleibe ich auch  in der Pasticceria Svetina stehen. Nach einer zweiten Runde Cappuccino und einem süßen Abschluss geht es wieder retour Richtung Österreich.

ZURÜCK NACH ÖSTERREICH. Ein Großteil der Strecke verläuft auf der Ciclovia Alpe Adria. Auch hier bieten sich immer wieder herrliche Ausblicke auf die umliegenden Berge. Schon bald befinde ich mich auf der Straße Richtung Villach – genauer gesagt am Radweg, der auch hier in bestem Zustand ist. Es geht hier nun einigermaßen flach an der Drau entlang zurück nach Velden. Nach rund 130 Kilometern erreiche ich die Stadt und freue mich auf einen wohlverdienten Teller Pasta. Es war eine landschaftlich unheimlich bereichernde Tour, die ich beim nächsten Mal gerne noch um den Mangart und den Predil-Pass erweitern möchte. 

INFO

Gelateria Artigianale Gianni Macoratti: Piazza Unità, 13, 33018 Tarvisio UD, Italy

Pasticceria Svetina: Via Roma, 50, 33018 Tarvisio UD, Italy

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